Uwe Schein:
I
Im Sommersemester 1972 war ich mit der Grundlehre fertig und suchte eine Fachklasse für Malerei. Ehrlich gesagt, damals hatte ich keinen Plan, wo ich hingehen sollte. So klopfte ich, mit meiner Zeichenmappe unterm Arm, am Atelier von Professor Peter Janssen an. Stellte mich bei ihm vor und fragte, ob er etwas Zeit für mich hätte und er sich meine Arbeiten anschauen wolle. Nachdem er einen Blick auf meine Tuschfederzeichnungen, welche ich vor ihm auf den Boden ausbreitete, geworfen hatte, erklärte er, seine Klasse sei eine reine Malklasse.
"Gehen Sie mal nach Gegenüber und schauen Sie sich dort um!"
Ich verließ sein Atelier und dachte bei mir, dass wird nix. Janssen will
einen Maler - keinen Zeichner! Als ich dann in seiner Fachklasse auf die
farbenprächtigen Bilder von Frank Suplie, Patrizia Novello, Detlef aus
den Kahmen, Georg Hoppenstedt und die Malerei der wunderschönen Maja
traf, war's für mich eigentlich klar: hier passt kein Zeichner dazu.
Kurze Zeit später stand ich, mit wenig Hoffnung, wieder vor seiner
Ateliertüre. Nachdem ich höflich angeklopft und seine Stimme vernommen
hatte, öffnete ich und glaubte, meinen Augen nicht trauen zu können.
Janssen, zu diesem Zeitpunkt schließlich bereits im Alter von 66
Jahren, kniend, inmitten meiner Arbeiten auf dem Fußboden. Ich kniete
mich zu ihm und er fragte mich, wie mir seine Malklasse gefiel. Wir
sprachen über Farbe, Eitempera und Leinwand. Und er schwärmte, wie sehr
ihn die Farbigkeit der Bilder seiner Schüler immer wieder aufs Neue
in Begeisterung und Erstaunen versetzen würde. Er legte großen
Wert darauf, zwischen "Farbigkeit" und "buntem" zu unterscheiden.
Endlich sagte er etwas über meine Arbeiten. In ihnen wäre eine Statik,
die ihm sehr gut gefalle. "Sie sind Zeichner. Sie brauchen bei
mir nur Zeichnen! Wenn sie so weiter zeichnen, können sie zu mir in die
Klasse! Ich lass sie zwei Semester in Ruhe arbeiten, dann unterhalten
wir uns wieder!"
Sie können sich sicher vorstellen, wie sehr ich mich über seine Zusage
gefreut habe!
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