Waschtag eines Helden
Im Landesmuseum werden Großgemälde des „Krefelder Zyklus“ für
die Mythos-Ausstellung restauriert.
Detmold (te). Das Mittelalter fällt derzeit aus. Schließlich
regiert im Lippichen Landesmuseum im Vorfeld des Jahres 2009
epochemäßig die Vor- und Frühgeschichte. Den Mittelalterraum
haben Gabor- Karl Keller und Francis Gohr in eine provisorische
Restaurierungswerkstatt verwandelt. Für ein "Groß-Reinemachen"
im Wortsinn.
Der Restaurator und die Praktikantin arbeiten den so genannten
"Krefelder Zyklus" für die Mythos-AussteIlung des Jahres 2009
auf. Dabei hanelt es sich um neun Gemälde, die der Düsseldorfer
Kunstprofessor Peter Janssen der Altere von 1870 bis 1873 eigens
für das Krefelder Rathaus geschaffen hat. Ursprünglich sollten
Episoden der Stadtgeschichte den Ratssaal schmücken. Doch
Janssen lieferte als Wettbewerbsbeitrag Motive um die
Hermannsschlacht - und gewann. "Ein sehr gutes Beispiel für die
Reaktionen auf den Arminius-Mythos in dieser Zeit", befindet
Katrin Winter vom Lippischen Landesmuseum. Und ein ausgedehntes:
Die größten "Schinken"messen 2,80 mal 4,50 Meter. Diese Maße
passen nicht in die Restauratoren-Werkstatt an der Ameide.
Deshalb wurde der Mittelalter-Raum kurzerhand umfunktioniert.
© Lippische Landeszeitung, Engelhardt |
3,70 mal 2,85 Meter nimmt die „Totenfeier Hermanns“ in Anspruch.
Der Recke liegt auf einem Holzstoß, zu seinen Füßen das tote
Schlachtross und reichlich gramvoll blickende Germanen. Dieser
Bildsprache ist Francis Gohr sehr nahe - jedenfalls rein
räumlich, beugt sie sich doch nah über das Bild. Die 19-jährige
Detmolderin will in Hildesheim Restauration studieren und
absolviert dafür derzeit ihr Praktikum. Sie reinigt das Gemälde
Stück für Stück.Denn mehr als 60 Jahre haben die Werke im
Magazin des Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museums verbracht. Im
Zweiten Weltkrieg wurden sie zumSchutz
vor Bomben abgenommen, dann auf eine Rolle gewickelt und dort
verstaut. Das war fachgerecht, sagt Restaurator Gabor-Karl
Keller. Aber Spuren hat es natürlich trotzdem hinterlassen. Auf
den Leinwänden, die größtenteils mit Wachsfarben bemalt sind,
sind Risse und Fehlstellen zu sehen. Vor allem klebt aber
Dreckauf den Körpern der Germanen. Die Großwaschung geht langsam
vonstatten. Mit Wattestäbchen testet Francis Gohr zunächst, ob
sie es mit Wachsfarbe oder Tempera-Farbe zu tun hat die Janssen
ebenfalls verarbeitete. Je nach dem Ergebnis tränkt sie dann
einen Wattebausch mit der speziellen Reinigungsflüssigkeit.
Unmengen an Watte gehen dabei drauf.. Hinterher gibt es ein
„Lotion“, eine konservatorische Behandlung mit Terpentinöl und
Bienenwachs als Pflegemittel. Eine Komplettrestaurierung hielte
Keller durchaus fr wünschenswert, aber: „Wir sind Leihnehmer,
und der Leihgeber bestimmt, was getan wird“, erklärt er. „Wir
stimmen alle Schritte mit dem Krefelder Restaurator Sebastian
Köhler in einem ausgesprochen guten Verhältnis ab.“ Und zudem
sei es derzeit in der Restaurierung von Kunstwerken auch
vorherrschender Trend, nur zu konsrvieren, nicht zu
retuschieren.
Zwei bis drei Monate, so schätzt Keller, wird die Restaurierung
noch andauern. Danach wartet er auf das Startsignal, um die
Leinwände auf Blindrahmen zu ziehen. „Das geht nur dort, wo sie
hängen sollen. Aufgezogen kommen wir damit nicht durchs
Treppenhaus“, stellt er fest. Katrin Winter könnte sich gut
vorstellen, einen Teil der Monumental-Gemälde im Foyer des
Museums auszustellen. „Sie wirken von der Größe her wirklich
überwältigend“, findet auch Keller.
Dr. Michael Zelle vom Landesmuseum macht sich indes schon einmal
Gedanken, was nach 2009 mit Janssens Zyklus passiert. „Wir
könnten ihn als Dauerleihgabe bekommen“, sagt er. Doch da müsse
in die weitere Planung für die Dauerausstellung einfließen.
Wobei Zelle wieß: Mit dem Hermansdenkmal in Sichtweite gäbe es
kaum einen besseren Ort, um die mythische Arminiusgeschichte
darzustellen, als Detmold.
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