Infolge der Siege Napoleons über das Deutsche Reich wurde durch den
Friedensvertrag von Luneville (1001} das linke Rheinufer Frankreich
bestätigt. Den dadurch geschädigten deutschen Fürsten waren bereits im
Frieden von Campo
Formio ( 1797). Ersatzgebiete in Deutschland versprochen worden, die
aber erst nach Inkrafttreten des Reichsdeputationshauptschlusses von
1803 verteilt wurden. Dabei fiel Erfurt an Preußen. Bereits am 21.
August 1802 hatten die preußischen Truppen die Stadt eingenommen und am
30. Mai 1803 Friedrich Wilhelm III und die Königin Luise unter großer
Anteilnahme der Bevölkerung Erfurt besucht. Am 10. Juli 1803 fand in
Hildesheim die Erbhuldigung der neu an Preußen gekommenen Gebiete statt,
an der "auch die Erfurter Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit, der
Bürger und Bauern dem neuen Landesherrn den Treueid" leisteten.
Das dritte Türbild nimmt allegorisch Bezug auf
diese Erbhuldigung, indem es die Vertreter der vier Stände am Thron des
preußischen Königspaares zeigt. Links vom Betrachter stehen - von vorne
nach hinten gesehen - ein protestantischer Geistlicher, ein
Adliger und hinter ihm vermutlich der Erfurter Weihbischof. Auf der vom
Betrachter aus rechten Seite steht vorne der Bürger, hinter ihm der
Bauer. Die Vertreter der Stände, ausgenommen der Adlige, der mit dem
Körper in Rückansicht gegeben ist, sind mit ihren Köpfen und Körpern
weitgehend im ProfiL dargestellt. Während der Bischof, der Adlige, der
Bürger und Bauer die Hände teils im Schwur zum Königspaar erheben,
verneigt sich der evangelische Geistliche mit geschlossenen Augen und
über der Brust gekreuzten Händen ehrfurchtsvoll vor ihm. Das Königspaar
sitzt auf einem durch eine Stufe erhöhten Thron. Darin und in den
Seitenlehnen gleicht er dem der Alma mater" auf dem zweiten Türbild.
Friedrich Wilhelm III hat auf der rechten
Thronseite Platz genommen. Die rechte Hand mit den weißen Handschuhen
läßt er lässig von der Seitenlehne herabhängen. Auch die Beinstellung
mit dem leicht vorgesetzten rechten Fuß ist locker. Dementsprechend
blickt der König mit nur leicht gewandtem Kopf zur Seite von Bürger und
Dauer gemäß dem allegorischen Charakter des Bildes mehr über sie hinweg
als zu ihnen hin. Der König trägt den leger geöffneten etwa knielangen
Mantel über dem hochgeschlossenen Waffenrock mit dem Schwarzen
Adlerorden auf der linken Brustseite. Die weiße Reithose steckt von den
Knien an in hohen schwarzen Stiefeln. Auf den vorgestellten rechten Fuß
hat der König den Degen gesetzt, den er locker mit der Linken seitlich
am Oberschenkel hält.
Königin Luise sitzt, den Arm des Königs
einhakend und dabei ihre Hände faltend, neben ihm. Sie lehnt sich etwas
schräg nach hinten an ihren Mann an. Diese Haltung wirkt unzeremoniell
und familiär, sie bringt das vertrauliche Verhältnis zwischen den
Ehepartnern zum Ausdruck. Die Königin hat die Haare hinten in einem
Seidentuch zusammengefaßt, das auf der Lehne des Throns zu ihrer Linken
aufliegt. Über dem nur in Brustauschnitt und Hüftansatz sichtbaren
dekolletierten Kleid trägt Luise als Zeichen ihrer Königswürde einen
hermelingesäumten Umhang, der ihren Körper in weichem Fall umschließt.
Das königliche Paar sitzt vor einem Transparent,
in dem über seinen Köpfen inmitten einer Strahlensonne die Jahreszahl
1803 sichtbar wird, eine Anspielung auf das Jahr, in dem Erfurt an
Preußen kam. Das Transparent ist mit über Kreuz geschnürten Bändern an
hinten seitlich des Throns angebrachten Pfosten befestigt, an denen nach
außen zu hermelingesäumte Stoffbahnen bis zum Boden des Throns
herunterhängen. Seitlich der Pfosten sind kartuschenartige Tafeln mit
Jahreszahlen mittels Bändern zwischen den Pfosten hinter dem Thron und
den Säulen aufgehängt. die rechts und links am Bildrand nach eben
sichtbar werden. Die Tafel links des Betrachters enthält groß die
Jahreszahl 1855, die Tafel rechts von oben nach unten die Jahreszahlen
1813-15, 1864: 1866, 1870-71. So beziehen sich die Zahlen auf der Tafel
rechts auf die von Preußen geführten Kriege, an denen Erfurt nun auch
beteiligt war: 1813-15 die Befreiungskriege, 1864 den deutsch-dänischen,
1866 den preußisch-österreichischen und 1870/?1 den
deutsch-französischen Krieg. Vielleicht ist die Jahreszahl 1865 auf der
Tafel links ein Hinweis auf die in diesem Jahr erstmalig veranstaltete "Grosse
Blumen-und Fruchtausstellung" in Erfurt? Die Tafeln mit den Jahreszahlen
sind mit bändergeschmückten Ehrenkränzen behängt, welche die Zahlen in
ihrem Rund einfassen, und hängen vor dem die Bildfläche schließenden und
wie bei den anderen Türbildern gemusterten Goldgrund, wirken aber
zugleich auch ein wenig daran befestigt.
Die Vertreter der Stände sind im Kostüm klar
voneinander unterschieden. Den Weihbischof erkennt man vor allem an der
Mitra. Der vor ihm stehende Adelsvertreter trägt einen knielangen, an
den Schößen bestickten, am Kragen und an den Manschetten mit Samt
abgesetzten Überrock über weißen Seidenstrümpfen in Schnallenschuhen.
Zur Linken hängt ihm der Degen. Der protestantische Geistliche hat einen
schwarzen Talar an, dazu den sogen. Mühlsteinkragen. Die in einem Zopf
endigende Haartracht mit zwei Lockenwellen oberhalb des Ohres ist
vielleicht eine Amtsperücke. Auf der anderen Thronseite vorne zunächst
der Vertreter des Bürgertums mit leicht gelichtetem Haar. Er trägt über
hellen Strümpfen mit schwarzen Schnallenschuhen einen dreiviertellangen
dunklen Überrock mit zugehörigem kurzen Schultercape, das schwarze Ärmel
freigibt. In der Linken hält der Vertreter der Bürger weiße Handschuhe
und einen breitrandigen Zylinder. Hinter ihm steht der Bauer in kurzem,
hellem kittelartigen Gewand über gamaschenbekleideten Beinen. Er hält
über der linken Schulter eine Hacke und hat eine Sacktasche am Gürtel
angebunden, wie Sämänner sie tragen.
Da das Königspaar in seiner Körpergröße den ihm
huldigenden Ständevertretern entspricht, ist in diesem Gemälde ein
perspektivisches Hervortreten der Mitte , wie es bei dem zweiten Türbild
zu beobachten ist, nicht festzustellen. Doch ist auch hier bei
flächenhaft geschlossenem Hintergrund die Allegorie als real-räumliche
Szene gegeben.