Vor dem Goldgrund sind kompositionell, aber nicht inhaltlich miteinander
verbunden, dargestellt: der hl. Martin bei der Mantelteilung, der
Kinderkreuzzug vor der Kulisse einer Jerusalem bedeutenden
orientalischen Stadt im Hintergrund und die hl. Elisabeth, ebenfalls zu
Pferd, mit den in Rosen verwandelten Broten im Schoß. Dieses Bild - das
wie die beiden anderen Türbilder laut Vertrag "allgemeinere Gegenstände
aus dem Entwicklungsgange der Stadt" behandelt - nimmt Bezug auf den hl.
Martin als Schutzpatron der Stadt Erfurt, auf die hl. Elisabeth, die als
Landgräfin "angeblich mehrere Male in Erfurt geweilt" hat sowie auf den
Kinderkreuzzug von 1212, dem der Überlieferung nach auch thüringische
Kinder zum Opfer gefallen waren. "Das Gemälde vermittelt die romantische
Vorstellung von mittelalterlicher Hilfs- und Opferbereitschaft."
Diesem Inhalt entspricht die
demonstrativ-dekorative Geste, mit welcher der jugendliche Martin, in
Helm und Kettenhemd gerüstet, sich dem Betrachter über die Schulter hin
zuwendet und dabei den Mantel teilt, auf dem der im Vordergrund sitzende
nackte Bettler zu warten scheint. Dieser ist im leeren Raum zwischen
Hinter- und Vorderbeinen des bildeinwärts stehenden Pferdes des Heiligen
geschickt eingefügt.
Dem links stehenden dunkeltonigen Pferd
entspricht rechts der aus dem Bild trabende weiße Zelter, auf dem die
hl. Elisabeth im Damensitz reitet. Sie erscheint als jugendliche Frau
mit einem Kronreif, aber in schlichtem Kleid, das durch die farblich
abgesetzte Passe über Schulter und Brust und die entsprechend
bekleideten Arme wohl an eine Nonnentracht erinnern soll. Elisabeth ist
also derart dargestellt, daß in ihrer Kleidung ihre Doppelstellung als
Fürstin und Franziskaner-Terziarin zum Ausdruck kommt. Die Heilige
schaut mit erhobenem Kopf zum Himmel, dabei hat sie die Hände vor der
Brust betend aneinander gelegt. Langes, wallendes Haar flattert leicht
über ihren Rücken. Neben der hl. Elisabeth wird am rechten Bildrand, nur
eben vor allem an Kopf und rechtem Bein erkennbar, ein Knappe sichtbar,
der die Fürstin begleitet. Sie erscheint als entrückte Heilige und ohne
eine auf das Rosenwunder bezugnehmende Person handlungsmäßig losgelöst
im Gegensatz zu dem gerade handelnden Martin. Die Personen des
Vordergrundes befinden sich auf gleichem Gelände, das sich vom linken
Bildrand her zur Bildmitte senkt. Im Blickfeld hinter der Senkung sind
flächenfüllend vor der Kulisse einer orientalischen Stadt die Kinder
eingefügt, die das religiöse Phänomen des Kinderkreuzzugs
repräsentieren. Der erste Junge der nach links ziehenden Gruppe trägt
wie ein Meßdiener ein Vortragekreuz; überhaupt hat sich der Künstler den
Kinderkreuzzug als eine Art Prozession vorgestellt. Dem sinnbildlichen
Charakter des Gemäldes entspricht die Fahne mit dem Kreuz, die vom hl.
Martin her, ohne daß man sehen könnte, wer sie hält oder wie sie
befestigt ist, die leere Bildfläche zwischen den Hauptgestalten im
oberen Teil des Gemäldes in ornamentalem Schwung ausfüllt.