Werke von Peter Janssen dem Älteren (1844 - 1908)
Bildbeschreibung zu den Wandgemälden in der Kemenate von Schloß Burg a.d. Wupper
Das Turnier 280 x 542 cm (Nordwand Mitte)
Quelle
: Dr. Dietrich Bieber, Peter Janssen als Historienmaler (Teil 2)
Rudolf Habelt Verlag GmbH - Bonn 1979
 

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Und von der Stätte der Arbeit führt uns der Maler in dem Hauptbilde an den Ort fröhlichen Waffenspieles. Ein Turnier hat soeben sein Ende erreicht, schmetternd künden es die Fanfaren der zahlreichen Menge. Freudig bewegt empfängt der junge, stattliche Sieger von der Hand der Festkönigin den Lohn seiner Tapferkeit; Seinen Widersacher im Spiele dagegen führt man soeben vom Kampfplatze weg. 

Wie die kurze Beschreibung von Reiners sagt, hat Janssen den Moment nach dem Sieg des jungen Ritters und kurz vor der Krönung durch die "Festkönigin" dargestellt, die schon den Ehrenkranz in Richtung auf den Ritter zu über der Brüstung hält. 

Das Bild zeigt vor allem den Rand des Turnierplatzes, wo die Tribüne für die höfische Gesellschaft diagonal von rechts vorne zum Mittelgrund hin aufgebaut ist, ein Holzgerüst wohl mit übermannshoher Brüstung und einem auf Rundstützen, die vorne sichtbar werden, ruhenden Dach. Während sich zum Vordergrund hin über die ganze Bildbreite bis zum Türdurchbruch das Sandgelände des Kampfplatzes ausdehnt, sieht man links, mehr zum Mittelgrund, entlang eines geschlossenen Holzzaunes, hinter dem sich das zuschauende Volk aufhält, den Zugang zum Kampfplatz, der durch hohe Fahnenstangen bezeichnet ist. Von ihnen herab wehen oben vom Bildrand überschnittene helle Flaggen. Die Fahnenstangen sind mit bändergeschmückten, prall gesteckten Girlanden verbunden. 

Die Hauptszene ist im Blickpunkt des Bildes leicht von der Mittelachse nach rechts abgerückt. Auf einem nur mit Mühe durch den rechts stehenden Knappen gebändigten Pferd, das den Kopf nach links zurückwirft und die Schabracke vorne schon zum Zerreißen gebracht hat, sitzt der Sieger bis auf den entblößten Kopf in voller Rüstung. Er verbeugt sich nach rechts formvollendet vor der jungen Festkönigin, die im höfischen Hennin, über einen auf der Brüstung vor ihr hängenden rankengesäumten Teppich hin, mit kaum bewegtem, vielleicht etwas verlegenen Gesichtsausdruck den für den jungen Ritter bestimmten Kranz nach unten hält. Zur Rechten der jungen Dame steht eine matronenhafte Frau mit riesiger Haube, wohl die Mutter des Fräuleins; diese mit Humor geschilderte Dame schaut leutselig und befriedigt von oben herab auf den Ritter. 

Im linken und rechten Teil der Tribüne wird eine Fülle von höfisch gekleideten Personen vorgeführt, die mit den verschiedenartigsten Mienen und Gesten das Geschehen verfolgen bzw. kommentieren. Besonders fallen auf in der ersten Reihe von links nach rechts: der vorne auf der Brüstung mit über dem Bauch gefalteten Händen sitzende lachende Hofnarr, erkenntlich an seiner Schellenkappe, ein sich weit vorbeugender hutbedeckter Mann und die freundlich herabblickende jüngere Frau mit dem winkenden Kind. Hinter der Matrone drängt ein die rechte Hand erhebender Mann nach vorne. Auf der Seite zum rechten Bildrand hin gefällt sich besonders die lässig mit dem linken Ellbogen aufgestützt sitzende junge Dame mit dem breitrandigen Hut; rechts von ihr reicht ein blondlockiges Mädchen über die Brüstung hin dem Ritter eine Blume zu. Darüber sind ältere Menschen mit gefurchten Gesichtern zu erkennen. 

Zum rechten Bildrand leitet das Gesicht der neben der Rundstütze stehenden alten Frau mit dunkler und vor ihr das der jüngeren Lachenden mit weißer Haube über. Von diesen Gestalten aus fällt der Blick auf die Fanfarenbläser im Vordergrund rechts. Ihre Pferde, ein dunkles mit heller Blesse für den weiter hinten befindlichen Mann und das vordere mit gestreifter Schabracke, aus der nur die Augen und das Maul herausschauen, sind vom Bildrand überschnitten und schließen in vielleicht zu starkem Repoussoir die Komposition nach rechts hin ab. Beide Bläser sind gut sichtbar. Während der erste - entsprechend der Haltung seines Pferdes - die Fanfare nach unten haltend bläst, hält der hintere sie, Kopf und Hände erhoben, schräg nach oben und spielt er mit fast geschlossenen Augen auf seinem Instrument. Über den Köpfen der Bläser werden bis zur Bildecke oben rechts weitere Frauen auf der Tribüne sichtbar, so besonders eine Gestalt mit trapezförmiger Haube und rechts oben die nachdenklich ihr Kinn aufstützende junge Frau mit dem Hennin. 

An der anderen Seite der Tribüne haben drei Reiter Aufstellung genommen. Der am meisten innen befindliche mit breitkrempiger Kopfbedeckung und hell-dunkel-gestreifter Strumpfhose auf einem kurzköpfigen dunklen Pferd blickt sich zur Festkönigin um und drückt mit der Linken den mit hohen Federbüschen bekrönten Turnierhelm des Siegers an den Oberkörper. Hinter dem mit erhobenem Kopf stehenden Pferd werden zwei weitere Rosse sichtbar, eines, das nach unten schaut, ein anderes, das den Kopf auf die Zuschauer links hin richtet. Es sind die Reittiere der Bläser auf dieser Seite, deren einen man links von dem helmhaltenden Knappen mit hocherhobenem Instrument blasen sieht. Die Fanfare des zweiten ist ein wenig darunter, der Kopf des Bläsers kaum über dem des vorne stehenden Pferdes zu erkennen. 

Während so das Geschehen vor der Tribüne repräsentativ durch die zwei Bläsergruppen auf Pferden gerahmt wird, ist im Vordergrund halblinks ein Knappe des Unterlegenen im Turnier damit beschäftigt, dessen zu Fall gekommenes Pferd abzuhalftern. Dabei hockt der Mann am Boden und schaut mit grimmigem Gesichtsausdruck auf die Siegerehrung. Über die hellen Flecken der Turnierdecke des gefallenen Pferdes schaut der Betrachter weiter zum linken Bildrand, wo im Mittelgrund als Abschlußgruppe der Szene der im Turnier Besiegte, bildeinwärts von zwei Helfern weggeführt wird. Er hat den Arm um die Schulter des rechts von ihm gehenden Knappen im kurzen Kapuzenmantel gelegt, sackt aber in einem Schwächeanfall nach links ein, so daß der dort gehende Helfer den geschlagenen Ritter zusätzlich um den Oberkörper auffangen muß. - Weiter zum Hintergrund sieht man mehr kizzenhaft die nichthöfischen, meist barhäuptigen Zuschauer hinter ihrem Holzzaun, auf dem keck ein Junge mit Bundhose und barfüßig vorgestreckten Beinen sitzt. Der Betrachter muß sich vorstellen, daß der unterlegene Ritter an den Zuschauern vorbei von der Kampfstätte weggeführt wird, was für ihn eine Art Spießrutenlauf bedeutet. Den Hintergrund des Bildes achließen links über einem ansteigenden Wiesengelände buschige Bäume ab. 

Die Komposition des Turnierbildes ist unter Einbeziehung des Türrahmens, hinter den das gefallene Pferd mit dem Knappen wie hinter einem anderen den Blick verstellenden Gegenstand geschickt komponiert ist, wirkungsvoll aufgebaut durch den leichten Diagonalzug von vorne rechts zum Mittelgrund mit der Siegerehrung. Als leichtere Gegenbewegung ist vom Bildirand links die Gruppe des Unterlegenen, die sich optisch mit den benachbarten Bläsern verbindet, hinzugefügt. Der Sieger, obwohl nicht im Mittelpunkt des Bildes, lenkt dadurch die Blicke auf sich, daß sein Pferd in Unruhe dargestellt ist. Dadurch gerät die am Saum gezackte Schabracke in Bewegung und fällt als mehrfach aufgerissene Form besonders auf. Die wie zufällig wehenden Fahnen sind kompositionell links auf den Unterlegenen und rechts auf den Sieger hin orientiert, so daß auch durch diese Blickführungsmittel die zwei möglichen "Ausgänge" des dargestellten Vorgangs beleuchtet werden. Ein Betrachterbezug entsteht besonders am Bildrand rechts durch das aus dem Gemälde herausschauende Pferd. 

Das Turnierbild ist als einziges der Reihe (1458) signiert, rechts oberhalb vom Kaminrand ist zu lesen "P. Janssen".

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