Lange hält es uns aber nicht drinnen. Jagdhörner
erschallen, und es gilt, mit der eilenden Meute den flüchtigen Hirsch zu
erjagen.
Dieses Hauptbild der Ostwand ist nur am rechten
Rand unten vom oberen Teil eines Wandschranks ausgefüllt, so daß der
Künstler eine weitgehend intakte rechteckige Malfläche zur Verfügung
hatte.
Die Szene ist vom unteren Bildrand bei starker
Überschneidung der dort befindlichen Figuren vordergrundsbetont
aufgebaut. Sie gewinnt aber rechts über den Mittelgrund nach hinten zum
hochliegenden Horizont einen gewissen Tiefenzug.
In der optischen Bildmitte steht vorne ein wie auch
sein Nachbar links nur im mittleren Teil des Stammes sichtbar werdender
Baum. Der dicke Stamm mehr in der Mitte, der schlankere seitlich links
bezeichnen einen Waldesrand, aus dem heraus die Jagdgesellschaft in die
nach rechts sich öffnende Lichtung reitet, um den ganz oben am Horizont
erscheinenden Hirsch zu jagen. Mit diesem Ziel ist der Endpunkt des
Diagonalzuges gegeben, in dem sich die Jagdgesellschaft vom Bildrand
links zum Mittelgrund halbrechts fortbewegt.
Am unteren Bildrand erblickt man zunächst vier
Jagdgesellen, die, mit Jagdgeräten in den Armen oder in der Hand, das
ihnen hinderliche Strauchwerk durchbrechen - so links - oder bereits
freies Gelände betreten - am Baum in Bildmitte. Im Vordergrund links ein
Kapuzenträger, der über seine rechte Schulter ein wenig mißmutig aus dem
Bild schaut und vor der Brust einen Stapel Lanzen trägt. Rechts von ihm
zwei andere Knappen: der vordere in Dreiviertelstellung nach rechts hält
mit beiden Händen eine Jagdtasche vor die Brust und schaut fragend
seitwärts aus dem Bild. Hinter ihm beugt sich der andere etwas vor und
ist schon mit dem Kopf hinter dem Baum verschwunden. Der vorderste mehr
im Profil gegebene Knappe will sich gerade, wie sein vorgestelltes Bein
und die Hand am Baum zeigen, von unten nach oben hochziehen. Er trägt
einen Speer in der Rechten und ein spitzes Käppchen auf dem Kopf, sein
Blick geht scharf gespannt in die Ferne.
In der Reihe hinter den Knechten befindet sich der
berittene Teil der Jagdgesellschaft, fast alles im Profil bzw. vom
Rücken her dargestellte Figuren. Zunächst links ein wenig von oben
kommend und im Damensitz auf ihrem Pferd sich elegant zurücklehnend, die
jugendliche Burgfrau mit Käppchen, Mieder und an Schultern und Ellbogen
leicht geschlitztem, sonst enganliegendem Kleid. Weiter von ihr weg,
mehr im Waldinneren, reiten auf dunklerem Roß ein sich vorbeugender, mit
Kapuze und flatterndem Schultermäntelchen bekleideter Jäger und ein
wenig näher rechts, auf einem die Nüstern blähenden Schimmel, ein Jäger
mit Horn am Mund. Während er bläst, wendet er sich über die rechte
Schulter zurück. Sein Kopf ist vom spitzen Hut mit großem Gesichtsschirm
fast ganz verdeckt. Zum oberen Bildrand hin, noch tiefer im Waldinneren,
sind weitere Reiter auf Pferden zu erkennen.
Rechts vom großen Baum ist die Spitze des
Jagdzuges. Ganz vorne, zwischen zwei Knappen einhersprengend, ein junger
Mann mit federbesetztem Käppchen. Sein hellgefütterter Mantel flattert
hinter ihm her. Der Jäger trägt in der Rechten den aufgerichteten Speer
und schaut beim Reiten über die rechte Schulter mit aufmunternder Miene
zurück. Der Reiter links hinter ihm setzt gerade mit seinem Pferd ein
wenig nach unten, auch er trägt ein Federbarett und einen kurzen
Schultermantel. Im Mittelgrund dann voll sichtbar ein Knappe auf sich im
Lauf weit streckendem Pferd. Der Knappe beugt sich beim Reiten ebenso
weit nach vorne und trägt auf dem Kopf ein sehr hohes Käppchen und um
den Oberkörper einen zaddelartigen, hinter ihm her wehenden Umhang mit
Weste darüber sowie an den Beinen eine längsgestreifte Strumpfhose, dazu
in der Rechten den erhobenen Jagdspeer. Vorne rechts, schon auf der
Wiese der Lichtung und damit vom Vordergrund ein wenig zurückgesetzt,
läuft mit einem gefleckten Jagdhund an der Leine ein anderer Knappe. Er
trägt seine Schirmkappe auf dem Rücken, eine Feldflasche an der rechten
Hüfte und in der linken Hand seine Armbrust. Dieser Knappe ist mit einem
knielangen Rock und darunter mit einer längsgestreiften Strumpfhose und
Schaftstiefeln bekleidet. Hinter ihm, rechts von dem dicken Baum, wird
ein frei laufender Hund sichtbar, der zu dem hellgekleideten berittenen
Knappen aufschaut. Eine Meute heller und gefleckter Jagdhunde zeigt sich
schon weit oben auf dem ansteigenden Gelände, ihr folgt ein vereinzelter
Hund, der vor dem Kopf des laufenden Knappen zu sehen ist. - Auch in
diesem Bild liegt der Horizont sehr hoch: nur wenig Himmel wird über der
rechten oberen Bildecke sichtbar.
Die Komposition wirkt reizvoll durch den Gegensatz
zwischen den vorne befindlichen Bäumen, vor allem den rechten mit den
sich um ihn bewegen den Menschen, und den zwischen den Baumstämmen
sichtbar werdenden reitenden Jagdteilnehmern. Durch diese räumliche
Staffelung entsteht trotz des hart vor dem Betrachter aufsteigenden
Vordergrundes mit den nah wirkenden Baumstämmen und den vom Rand
überschnittenen Personen, die eine starke Identifizierung des
Betrachters mit dem Gesehenen erzeugen, Tiefe nach innen. In der Öffnung
der Komposition nach rechts bekommt sie auch Weite, die durch den
Bewegungszug pointiert wird. Nähe und Ferne werden so erfaßt und durch
die lockere Einfügung der Menschen in den Wald sowie ihre wechselnden
Haltungen bekommt das Bild pulsierende Lebendigkeit. Trotzdem bleibt es
kompositionell durch den dem Bewegungszug ein wenig sich
entgegenneigenden schweren Baum, die rhythmisch auftretenden
Dunkelheiten links bei der jungen Frau und rechts bei dem vordersten
Jäger, den um die Bildmitte orientierten höchsten Helligkeiten und den
unten figürlich gerahmten Stamm in sich fest.