In gegenüber der Engelsgestalt wesentlich kleinerem Maßstab sind links
des Fenstereinschnitts der Drachenkampf des hl. Georg und rechts die
ihrer Erlösung harrende Jungfrau dargestellt.
In der schmalen
Tabernakelrahmung mußte der Künstler auf sehr eingeengtem Bildfeld für
den Drachenkampf eine Lösung finden. So hat er die Szene tiefenmäßig
gestaffelt, indem er vorne den Drachen, dahinter Georg mit seinem Pferd
anordnete. Das echsenartige Ungeheuer liegt im Vordergrund nach rechts
hinter einer in der unteren Bildecke stumpfwinklig in das Gemälde
geführten Felsplatte. Schon geschwächt von dem Kampf, in dem er
unterliegt, hat sich der Drache auf die Seite gewälzt. Sein Kopf mit dem
kleinen bösen Auge und dem zähnebewehrten, weit geöffneten,
feuerspeienden Maul, aus dem die gespaltene Zunge hervorkommt, ist
schräg nach links gegen Georg aufgerichtet. Während einer der wie bei
Fledermäusen gegliederten Flügel des Drachen links vom Bildrand
überschnitten wird, stößt sein mit Hornzacken besetzter Schwanz vorne
geringelt auf die Felsplatte. Die rechte Vorderklaue des Drachen wird
hinter seinem Kopf sichtbar, links, etwas hinter dem Flügel, sieht man
die abgebrochene Lanze, die Georg dem Tier in den Leib gestoßen hat. Die
linke Hinterklaue des Drachens ist in Abwehr gegen den Unterschenkel des
Ritters gerichtet.
In ganzer Breite des
Bildfeldes wird Georg auf seinem Pferd hinter dem Drachen sichtbar. Das
Roß, dessen linkes Vorderbein vom Bildrand überschnitten ist, erhebt
sich auf den Hinterbeinen. Man sieht nur seinen Vorderkörper mit dem
Kopf und dem rechten Bein ganz. Während das Tier mit anscheinend
wieherndem Maul und seitwärts gerolltem Auge in die Höhe geht, hat Georg
hinter dem Pferdenacken und seinem mit der Linken vorgehaltenen Schild
Schutz gefunden. Vorgebeugten Körpers und sich in den Hüften einwinkelnd,
holt der Heilige mit kräftigem Schwung der rechten Hand aus, um im
nächsten Augenblick das Schwert auf den Drachen niedergehen zu lassen.
Georg ist in voller Rüstung. Er trägt ein Kettenhemd, das am rechten Arm
und dem Bein sichtbar wird, der Leib ist zusätzlich mit einer Brünne
geschützt. Über den Kopf hat der Heilige eine Beckenhaube gestülpt, aus
der eben das Gesicht hervorsieht. Ein heller Mantel weht seitlich links
um die Hüften des Reiters, dahinter erkennt man noch etwas den
gesträubten Schweif des Pferdes.
Als Ergänzung zum
Drachenkampf erscheint auf der entgegengesetzten Seite das Bild der
ihrer Erlösung harrenden Jungfrau. Sie steht in einem langen hemdartigen
Gewand barfuß auf einem nach rechts leicht ansteigenden Gelände, des
hinter ihrem Rücken in eine steile Felswand übergeht. An diese ist die
Jungfrau mit einer Kette um den Hals angeschmiedet. In
Dreiviertelstellung gegeben, hat die Gestalt das linke Bein leicht
vorgesetzt, über dem das Gewand wie in einem Windstoß nach links hin
flattert. Das Mädchen hat offenes hüftlanges Haar, das seine Gestalt am
Rücken und seitlich umgibt. Der Kopf der Gefesselten ist erhoben, die
abgewinkelten Arme sind es ebenso. Die Hände sind wie in großer
Verwunderung geöffnet. Links am Boden liegen ein Totenschädel und das
Gerippe eines Brustkorbes, rechts Knochenteile, Hinweise auf die bisher
dem Drachen geopferten Menschen.
Der erhobene, vom
Leuchten der Augen begleitete Blick der Jungfrau zeigt, daß sie ihre
Errettung dem Himmel dankt. Deshalb wohl ist dieser Blick auf den
Erzengel Michael gerichtet, der so in seiner Wächterfunktion über den
Zinnen als Vermittler von "Gottes Schutz" erscheint. Auf diese Weise
wird der oben erscheinende Sinnspruch durch die unten sich vollziehende
Rettung bildlich kommentiert. Von diesem Verständnis aus läßt sich auch
die Übergröße des hl. Michael gegenüber den Figuren unten erklären. Er
ist der Gott vertretende, groß über den Menschen stehende Wächter.